Aktion Orange 2018
16. August 2018
Behörden verursachen Baumsterben am Waldsee in Zehlendorf
Waldsee-Verein will mit Outdoor-Aktion auf Verantwortung des Bezirksamts für insgesamt 83 geschädigte Bäume aufmerksam machen.
Mit breiten Manschetten in leuchtendem Orange haben die Mitglieder des Vereins „Umweltschutz und Landschaftspflege für den Waldsee in Berlin-Zehlendorf e.V.“ insgesamt 83 abgestorbene oder geschädigte Bäume entlang des Waldsee-Ufers markiert. In einer Open-Air-Dokumentation soll behördliches Versagen sichtbar und zudem deutlich gemacht werden, dass diese Schäden an der Natur und Ortsbild vermeidbar gewesen wären. Vom Erdmann-Gräser-Weg aus, der mit seiner Brücke den Waldsee überspannt kann man sie sehen: Tote Bäume recken ihre kahlen Äste in den Sommerhimmel. Wo vorher Schatten und dichtes Laub Vögeln und Eichhörnchen Versteck und Brutplatz boten, sind nur noch trockene Stämme. Ein Teil der grünen Lunge Zehlendorfs hat Schaden genommen – nicht durch Trockenheit, sondern durch ein vorhersehbares „zu viel“ an Wasser! Wie kam es dazu?
Die Ufer des Waldsees waren im vergangenen Sommer – wie bereits schon einmal im Sommer 2007 – für viele Wochen überflutet. Zahlreiche, mitunter Jahrzehnte alte Bäume standen mit ihren Wurzeln mehr als 6 Wochen unter Wasser. Betroffen waren auch die Grundstücke des „Haus am Waldsee“ für zeitgenössische Kunst sowie des bezirkseigenen „Haus der Jugend“. Obwohl Anlieger und Waldsee-Verein bereits frühzeitig, noch beim Hochwasser darauf gedrungen hatten, tätig zu werden, hat das zuständige Bezirksamt erst reagiert, als es vor allem für die Bäume bereits zu spät war, und dann schließlich 25.000 Kubikmeter Wasser innerhalb von 10 Tagen aus dem Waldsee gepumpt. Mit dem sich zurückziehenden Wasser wurden dann die Schäden an den Ufern, Gartenanlagen, Kellerräumen und – seit diesem Frühjahr eben – an vielen Bäumen sichtbar.
Der Waldsee ist ein bewirtschaftetes Gewässer, kein „normaler“ See. Die Berliner Wasserbetriebe leiten im Auftrag des Senats und mit Genehmigung des Bezirks das in den umliegenden Straßen anfallende Regenwasser in den See ein. Bei zu wenig Wasser wird auch aktiv „bewirtschaftet“, dann wird nämlich aus dem Schlachtensee, gesteuert über das Wasserwerk Beelitzhof, automatisch Wasser in den Waldsee gepumpt. Und es gab auch einmal Vorkehrungen für Hochwasserzeiten, nämlich einen Überlauf vom Waldsee in den tiefer gelegenen Schlachtensee. Diese Kanalverbindung wurde aber vor einigen Jahren verschlossen, als der Schlachtensee zum Badegewässer wurde. Damit hat der Waldsee ein gefährliches Alleinstellungsmerkmal: er ist der einzige vom Beelitzhof aus gesteuerte See im Berliner Südwesten, der anders als die Grunewald- Seenkette, nicht über einen Hochwasserschutz verfügt. Er ist vielmehr wie ein Trog, in den immer nur Wasser reinläuft, bei dem man aber keinen Stopfen ziehen kann, wenn es zu viel wird.
Der Waldsee-Verein (www.zehlendorf-waldsee.de) hat es sich seit einigen Jahren zur Aufgabe gemacht, den Natur- und Landschaftsschutz rund im und rund um den See voranzutreiben. Dazu gehören die Aufklärung der Anlieger über richtiges Düngeverhalten und eine geeignete Uferpflege, der Bau von Schichtholzhecken, Fisch- und Amphibienzählungen und deren Schutz, der Verbau von Nisthilfen besonders für den in Berlin seltenen, aber am Waldsee heimischen Eisvogel oder auch die Bewerbung um Grünpatenschaften für öffentliche Uferabschnitte.
Dazu gehört aber vor allem, dass die Vereinsmitglieder mit viel Engagement an dem großen Ziel arbeiten, den Waldsee ökologisch zu sanieren. Zu diesem Zweck lassen sie sich fachlich beraten und haben bereits verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen vornehmen lassen. Aktuell ist eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, die den Behörden wissenschaftlich fundiert die verschiedenen Möglichkeiten einer Verbesserung der Wasserqualität darlegen wird. Alles übrigens finanziert von den Spenden an den Verein.
Vorerst bleiben die geschädigten und abgestorbenen Bäume in den Gärten rund um den Waldsee, jeder von ihnen mit einer leuchtend-orangenen Manschette gekennzeichnet, und die Frage, was geschieht jetzt? Noch gibt es einige intakte Bäume und so mancher Baum könnte sich über die Jahre wieder erholen und neues Wurzelwerk bilden, sofern weitere Hochwasser in Zukunft verhindert werden. Der Bezirk prüft seit Monaten mögliche Maßnahmen – wie z.B. die Wiedereröffnung der Verbindung zum Schlachtensee, die im Notfall den Pegelanstieg regulieren würde. Aber kommt die Lösung noch früh genug oder gibt die nächste Starkregenperiode den Bäumen und ihren vielfältigen Bewohnern den Rest bevor die Verantwortlichen endlich entscheiden?