Phosphat-Fällung am Waldsee?
Wie der Verein das Hornkraut effizient bekämpfen wollte und das Bezirksamt das zu verhindern wusste
Im Rahmen unserer langjährigen Bemühungen um eine Verbesserung der Wasserqualität im Waldsee zeichnet sich – gestützt durch mehrere Fachgutachten – als langfristig effektivste Maßnahme (neben einer Teilentschlammung), die Phosphat-Fällung ab.
Wir wissen aufgrund der Studien von Gewässerexperten, dass die Hauptquelle des Nährstoffeintrags in den Waldsee das Straßenregenwasser ist und, dass der Zulauf an der Argentinischen Allee die Hauptlast des Regenwassers in den See bringt. Wir schlugen daher vor, eine Anlage zur Phosphat-Fällung am Regenwassereinlauf der Argentinischen Allee zu errichten.

Ziel: Reduktion der Gesamt-Phosphatkonzentration im Zulaufwasser von derzeit im Mittel 0,35 mg/l auf 0,10 mg/l. Laut Modellrechnung der Gewässerexperten soll dies ausreichen um (zumindest im südlichen Waldseebecken) die Phosphatkonzentration des Seewassers unter 0,04 mg/l zu drücken, da der Waldsee neben dem Straßenregenwasser auch aus Phosphat-reduziertem Schlachtensee-Wasser gespeist wird. Durch die andauernde Reduktion der Phosphatkonzentration unter 0,04 mg/l kann das massive Hornkrautwachstum begrenzt und der ökologische Zustand des Sees dauerhaft verbessert werden.
Verfahren: Mit Hilfe einer sogenannten Depodos-Anlage der Firma Thiel Anlagentechnik wird automatisch flüssiges Fällmittel (z.B. Eisen-III-Chlorid) zugesetzt, sobald Regenwasser durch den Zulauf fließt. Das Fällmittel wird durch die Turbulenzen im Kanalrohr mit dem Straßenregenwasser vermischt und das Phosphat aus dem Straßenregenwasser gefällt. Es entsteht dabei ein unlösliches und ungiftiges Produkt, das auf dem Grund des Sees sedimentiert. Wir rechnen mit lediglich ca. 18 kg Fällmittel pro Jahr (gelöst in einem Volumen von ca. 120 Litern), die für diesen Prozess benötigt werden.

Erfolgskontrolle: Im Laufe des ersten Betriebsjahres sollte das Projekt durch ein engmaschiges Monitoring-Programm begleitet werden, um die Auswirkungen der Phosphatfällung auf das Gewässer zu verfolgen. Im weiteren Betrieb soll das Monitoring dann punktuell erfolgen. Nach Angaben der Gewässerexperten ist sichergestellt, dass die Anlage jederzeit so betrieben werden kann, dass negative Effekte auf die Ökologie des Sees ausgeschlossen werden.
Installation: Die Depodos 200 Anlage sollte – von der Straße aus gesehen – auf der linken Seite des bezirkseigenen Grundstücks nahe des Einleitbauwerks Argentinische Allee aufgestellt werden (s. Anhang 5). Der Zugang zum See, der sich auf der rechten Seite des Einleitbauwerks befindet wird dadurch nicht behindert. Das Befahren des Grundstücks wäre wie bisher weiterhin möglich. Die Anlage befindet sich in einem abschließbaren Container mit den Außenmassen BxTxH von 1,37 x 1,00 x 1,67 m. Bei Aufstellung entlang der Grundstücksgrenze wird die Anlage also nur 1 m in das Grundstück hineinragen. Der Container wird auf einem Fundament mit den Maßen von 1,60 m x 1,30 m abgestellt. Die Zugabe des Fällmittels erfolgt über den Revisionsschacht des Kanals ca. 20 Meter oberhalb des Einleitbauwerks. Die dafür notwendigen Leitungen werden in 70 cm Tiefe unterirdisch am Rand der Zufahrt in einem Schutzrohr verlegt. Durch dieses Schutzrohr führt auch die für den Betrieb notwendige Stromversorgungsleitung vom Nachbargrundstück Argentinische Allee 6 (Anrainer & Vereinsmitglied). Der Depodos-Container kann bei Bedarf nach Abtrennen von den Leitungen mittels eines Gabelstaplers entfernt werden.

Gewässerschutz: Die Depodos-Anlage ist für den Betrieb mit wassergefährdenden Stoffen nach dem Wasserhaushaltsgesetz zertifiziert. Der untere Bereich des Containers dient im Falle eines Lecks als Auffangwanne für das gesamte Volumen des Dosiermittelbehälters. Die unterirdisch verlegten Bauteile werden vor Inbetriebnahme vom TÜV nach AwSV abgenommen. Die Dosierung erfolgt nur solange der am Rand des Kanalrohrs montierte Regenwassersensor einen ausreichenden Regenwasser-Durchfluss im Kanalrohr anzeigt. Dosiert wird mit einem 2,5fachen molarem Überschuss in Bezug auf die durchschnittlich angenommene Gesamt-Phosphatkonzentration des Straßenregenwassers. Zeitliche Schwankungen in der Phosphatkonzentration werden nicht berücksichtigt, da eine zeitweilige Überdosierung bei langanhaltenden Regenfällen im Seewasser und an der Sedimentoberfläche abgepuffert wird und sich dabei positiv auf die Phosphatbilanz im See auswirkt.
Kosten: Der Waldsee Verein wollte die Kosten für Installation, Betrieb und Wartung der Depodos-Anlage übernehmen und die Auswirkungen auf die Gewässerökologie von einem Fachinstitut überwachen lassen. Der Verein benötigte lediglich für sich und für die mit dem Projekt betrauten Firmen Zugang zum bezirkseigenen Gelände am Zulauf Argentinische Allee – und eine Einleiterlaubnis vom Umweltamt des Bezirks.
Das Projekt wurde vom Umweltamt Steglitz Zehlendorf bedauerlicher Weise mit solchen Auflagen für die Berliner Wasserbetriebe belegt, daß diese ihre Zustimmung zum Projekt zurückzog. Ohne Zugang zum Regenwasserkanal kann die Phosphat-Fällung nicht umgesetzt werden.
Chronologie der Gespräche und Bemühungen des Vereins mit allen Beteiligten:
9.Okt. 19 Bürgersprechstunde mit Unweltstadträtin Schellenberg : es gibt auch in diesem Jahr kein Budget für eine Entschlammung des Waldsees, aber eine Phosphat-Fällung könnte sie zulassen sofern SenUVK zustimmt und der Waldsee-Verein das Projekt finanziert
Nov/Dez 19 Verein bringt 2 Ingenieurfirmen vor Ort, Planung beginnt, Fragen werden formuliert
Jan 20 Verein schickt Fragenliste an den Leiter des Umweltamts Hrn. Marschall
23. April 20 Antworten vom Hrn Simon, Mitarbeiter im Umweltamt: Projekt sei aus Platzmangel nicht auf einem städtischen Grundstück zu realisieren (allerdings waren Hrn Simon wesentliche Informationen nicht weiter geleitet worden)
28. Mai 20 klärendes Gespräch im Umweltamt mit Hrn. Marschall und Mitarbeitern: Projekt ist technisch doch möglich, aber Verein soll erst zivilrechtliche Zustimmung von Grünflächenamt und BWB einholen, bevor er einen Antrag beim Umweltamt stellt.
Jun-Aug 20 Verein erhält Zustimmung von den BWB (solange es sie nichts kostet) und Grünflächenamt (solange die Anlage nicht im Weg steht).
Aug. 20 Verein identifiziert die Ingenieurfirma Thiel und ihr Produkt „Depodos“ als geeignete technische Lösung und die Firma PTW als Fällmittellieferanten. Konkrete Kostenvoranschläge werden ausgearbeitet.
12.Okt. 20 Verein stellt den Antrag auf Installation & Betrieb einer Fällstation beim Umweltamt.
Februar 21 das Umweltamt prüft den Antrag. Verein liefert nach Rückfragen weitere Informationen über Referenz-Projekte.
16. Feb 21 Umweltamt lehnt den Antrag aus formalen Gründen ab: Erlaubnisse für Gewässerbewirtschaftungsmaßnahmen seien dem Fachbereich Grün vorbehalten. Vorschlag: nicht der Verein, sondern das Grünflächenamt solle den Antrag stellen.
25. Feb 21 Der Verein bittet den Leiter des Fachbereich Grün, Hr. Fußwinkel, den Antrag zu stellen.
April/Mai 21 Mitarbeiter des Fachbereich Grün prüfen den Antrag und vergewissern sich noch einmal der Zustimmung durch die BWB.
10. Juni 21 Grünflächenamt stellt Antrag beim Umweltamt und kündigt an mit dem Waldsee-Verein einen Vertrag über ein begleitendes Monitoring des Projekts schließen zu wollen (zu dem das Umweltamt die Vorschläge machen soll)
1.Juli 21 Verein schlägt dem Umweltamt von sich aus ein Monitoring-Programm vor, da das Umweltamt keine Vorschläge machte
4. August 21 auf telefonische Nachfrage erfährt der Verein vom Umweltamt, daß es eine vermehrte Schlammbildung durch das Fällmittel befürchte (Gewässer-Experten erwarten genau das Gegenteil). Daher könne das Umweltamt dem Projekt nur zustimmen, wenn die BWB 4x häufiger als bisher die Schlammdicke vorm Zulaufbauwerk messen würden. Die BWB hätten daraufhin dem Projekt ihre Zustimmung entzogen, um Mehrkosten zu vermeiden. Der Antrag auf Phosphatfällung sei somit hinfällig, da ein Partner nicht mehr mitmache.
4. August 21 Die BWB bestätigen dem Verein ihre Absage.
Eine offizielle Absage hat der Verein vom Bezirksamt nie erhalten.
Der Anstragsteller (Fachbereich Grün) gab bislang auch keine Rückmeldung.
Und der Waldsee wird weiter ungebremst von Hornkrautmassen überwuchert.